Pagiškam vepsäks – Urok 3: Kanz

In der dritten Lektion des Sprachkurses zur wepsischen Sprache lernst du, über deine Familie und deine Herkunft zu sprechen. Die Vokabeln zum Thema Familie und Verwandtschaftsbezeichnungen kennst du bereits aus den ersten beiden Lektionen.

Solltest du bereits andere finno-ugrische Sprachen kennen, ist dir das Konzept der Lokalfälle vertraut. Im Wepsischen gibt es sechs Lokalfälle, drei innere und drei äußere. Die Lokalfälle werden verwendet, um auszudrücken, wo sich etwas befindet beziehungsweise um die Richtung der Bewegung anzugeben – im Deutschen verwendet man in diesen Fällen Präpositionen wie in, an, aus

Ausdrücke und Wendungen

WepsischDeutsch
Ken sinä oled?Wer bist du?
Minä olen…Ich bin…
Kus sinä eläd?Wo wohnst du?
Minä elän…Ich wohne in…
Kuspäi sinä tuled?Woher kommst du?
Minä tulen…Ich komme aus…
Miččes lidnas/küläs sinä eläd?In welcher Stadt/Dorf wohnst du?

Wie du siehst drückt man Bewegungen im Wepsischen nicht mit Präpositionen aus, wie etwa im Deutschen in der Stadt.

Der Reichtum an grammatischen Fällen in den ostseefinnischen Sprachen, auch das Wepsische kennt 16/18 Kasus, schreckt Lerner oftmals ab. Aber… Für jede „Position“ oder „Bewegung“ gibt es die passende Endung. Und ganz ehrlich, für ausländische Lerner des Deutschen erscheinen „in die Stadt“, „auf der Wiese“, „ins Haus“ und „aus dem Garten“ selten einfach und sind häufige Fehlerquellen.

Grammatik

Die Lokalfälle im Wepsischen antworten auf die Fragewörter (wo, woher und wohin). Sie bringen zum Ausdruck, wo (kus) etwas geschieht bzw. welche Richtung eine Bewegung (z.B. woher (kuspäi)) nimmt.

Die inneren Lokalfälle werden verwendet, wenn sich eine Sache oder Person innerhalb eines Raumes oder Gegenstandes befindet oder etwas innerhalb dieses Raumes oder Gegenstandes passiert. Dabei drückt der Inessiv aus, wo etwas ist. Der Elativ wird verwendet, um anzuzeigen, woher die Bewegung kommt. Der Illativ beschreibt folglich das wohin.

Die äußeren Lokalfälle sind das Pendant zu den inneren Lokalfällen. Die Sache oder Person befindet/befand sich jedoch nicht innerhalb eines Gegenstandes oder Raumes, sondern außerhalb. Der Adessiv drückt dabei als Gegenstück zum Inessiv den statischen Zustand aus und antwortet auf die Frage worauf. Der Ablativ zeigt die Bewegungsrichtung woher an. Der Allativ macht deutlich wohin sich etwas bewegt.

Lokalfälle 1: Inessiv und Elativ

Das Konzept der Lokalfälle im Wepsischen wird uns in den nächsten Lektionen ständig begegnen. In Lektion drei lernen wir folgende Wendungen kennen.

FrageAntwort
Kus sinä eläd?Minä elän küläs.
Minä elän lidnas.
Minä elän Petroskoiš.
Minä elän Šoutjärves.
Minä olen kodiš.

Inessiv
-s/-š


Kuspäi sinä tuled?Minä tulen mecaspäi.
Minä tulen školaspäi.
Minä tulen kodišpäi.
Hän tuleb lidnaspäi.
Elativ
– späi/ -špäi

Mit dem Inessiv wird im Wepsischen ausgedrückt, wo sich etwas befindet. Als innerer Lokalfall wird jedoch deutlich, dass sich eine Sache oder Person in etwas befindet. Minä elän küläs. => Ich wohne in der Stadt.

Die Endung des Inessivs im Wepsischen ist -s/š. Sie wird an den Genitivstamm des Wortes (lidn (Stadt), lidna-n => lidna-s) angehängt.

Endet der Wort-/Genitivstamm mit -i oder -ei wird aus dem -s ein –š, also lidna-s, aber kodi-š.

Die Endung des Elativs im Wepsischen lautet: – späi/ -špäi. Sie wird an den Genitivstamm des Wortes (järv (Fluss), järven => järvespäi.) angehängt.

Endet der Wort-/Genitivstamm mit -i oder -ei wird auch im Elativ aus dem -späi ein –špäi, also meca-späi, aber kodi-špäi.

Das Wort, das im Elativ steht, antwortet auf die Frage woher (kuspäi) und bedeutet dabei „aus dem Inneren heraus“. Minä tulen školaspäi. => Ich komme aus der Schule (aus dem Inneren des Gebäudes, nachdem ich ich vorher in der Schule (školas) war).

Fragesätze im Wepsischen

Im Wepsischen gibt es Fragewörter, die einen Satz einleiten. Wichtig ist, dass sich anders als im Deutschen die Satzstellung nicht ändert.

Kus sinä eläd? Ken sinä oled? Kuspäi tatoi tuleb?

Wenn kein Fragewort zur Verfügung steht, werden Fragen mit Hilfe des Fragepartikels -ik gebildet. -ik wird dabei an das Wort gehängt, auf das die Frage abzielt. Meistens ist es das Verb, das dann auch am Satzanfang steht.

Oled-ik sinä kodiš? – Bist du zu Hause?

Tuleb-ik Ira-tädi? – Kommt Tante Ira?

Om-ik hän küläs? – Ist sie/er im Dorf?

Vokabeln

WepsischDeutsch
mamoiMutter, Mama
tatoiVater, Papa
baboiGroßmutter, Oma
dedoiGroßvater, Opa
tütärTochter
poigSohn
sizarSchwester
vel’l’Bruder
vunukEnkel, Enkelkind
elädaleben, wohnen
küläDorf
lidnStadt
kodiZuhause
Kus?wo (worin) Inessiv
Miš?was Inessiv
Miččes lidnas sinä eläd?In welcher Stadt wohnst du?
tuldakommen
Kuspäi?woher Elativ
mecWald
školSchule
pert‘Haus
Tütär, oled-ik sinä kodiš?Tochter, bist du zu Hause?
Pane päč lämha!Mach den Ofen an.
panda(an) stellen
päčOfen, Herd
läm’Wärme, Hitze
teravasgleich
Tatoi teravas tuleb.Papa kommt gleich.
tädiTante
kanzFamilie
perehFamilie
sur’groß
pen’klein
Mitte sinun kanz om?Wie ist deine Familie?
mittewie, was (Beschaffenheit)
miččes Inessiv
Keda sinun kanzas om?Wer ist in deiner Familie?
keda Partitiv von ken (wer)
Minun kanzas oma…In meiner Familie sind…
kanzas Inessiv zu kanz (Familie)
daund
laukLaden, Geschäft
mändagehen

Übungen

  1. Notiere dir alle Wörter, die in den Lokalfällen vorkommen und markiere die Endung. Ergänze jeweils fehlende Formen des Inessivs oder Elativs, sowie die Grundform (Nominativ).
  2. Bilde Sätze mit den beiden dir bekannten inneren Lokalfällen. Verwende z.B. olda + Inessiv, eläda + Inessiv, tulda + Elativ
  3. Beantworte die Frage Keda sinun kanzas om?
  4. Konjugiere olda, eläda und tulda im Präsenz Singular.
  5. Zusatzaufgabe: mec, lidn, poig stehen im Nominativ. Was fällt dir im Vergleich zum Finnischen auf und wie kann man die Formen mecaspäi und lidnas einordnen?

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